Was würdest du machen, wie entscheiden, wenn du plötzlich Superkräfte hättest? Wärst du der geborene Superheld - oder doch eher der tragische Superschurke? Eine alte Frage, um die sich wirklich interessante Geschichten stricken lassen. Joe Hill's The Cape gehört nicht dazu.
Jeder Superheld benötigt seinen Superschurken, soll heißen, jeder Protagonist benötigt einen ebenbürtigen Antagonisten, damit eine spannende Geschichte Gut gegen Böse entstehen kann. Erst die außergewöhnlichen Umstände machen den Menschen zum Helden. Aber benötigt umgekehrt auch der Superschurke den Superhelden? Zwei der wesentlichen Leitmotive des Schurken sind Gier und Rache. Und genau um dieses zweite Motiv dreht sich auch die Graphic Novel The Cape. Kurz umrissen handelt The Cape von einem Mann (Eric), der einen alten Umhang aus Kindheitstagen wiederentdeckt, und feststellt, dass er damit fliegen kann. Er nutzt diese Fähigkeit, um sich an alle zu rächen, die ihm - seiner Meinung nach - übel mitgespielt haben.
Das Interessante dabei: Es gibt hier keinen Superhelden, der kommt, um die Welt vor diesem Bösewicht zu retten. Die Grundidee der Story ist daher prinzipiell begrüßenswert. The Cape leidet aber einem grundsätzlichen Problem: Die Geschichte steckt voller Klischees, unzureichend motivierten Handlungssträngen und unfreiwilliger Komik. Dabei ist der Tenor ziemlich düster und erinnert teils mehr ans Horror- als ans Superhelden/schurken-Genre.
Hier mal ein paar Beispiele (Vorsicht, Spoiler): Eric, der Protagonist dieser Story, ist der typische Looser, der keine Lust zu arbeiten hat und stattdessen lieber Videogames spielt, Drogen nimmt und sich sonst wie den Tag vertreibt. Zwar wird versucht, diesen Lebensstil und die Lustlosigkeit ansatzweise zu erklären, trotzdem hätte man sich hier etwas Originelleres einfallen lassen können, als das. Auch der Mord an seiner Exfreundin folgt keiner nachvollziehbaren, inneren Motivation. Ja, er wurde verlassen und glaubt, dass sie einen anderen Partner hat - und das schockiert ihn und wirft ihn weiter aus der Bahn. Aber das allein kann keine ausreichende Erklärung sein! Wirklich absurd ist eine andere Szene, bei der ich wirklich lachen musste, obwohl das sicherlich nicht die Intension des Autors sein konnte: Eric bindet ein Seil um den Hals eines Grizzlybären und zieht ihn - an diesem Strick - in die Luft und fliegt durch die halbe Stadt, um ihn in das Cabriolet eines Detectives fallen zu lassen, der ihm auf der Spur ist. Ernsthaft?
Aufgrund solcher und ähnlicher Momente kann ich Joe Hill's The Cape nicht empfehlen. Vielleicht hätte es mehr als die nur rund 130 Seiten benötigt, um die Story richtig erzählen zu können. Vielleicht liegt es aber auch an der Vorlage, eine Kurzgeschichte von Joseph Hillstrom King (alias Joe Hill), Sohn von Stephen King. Da ich die Kurzgeschichte nicht kenne, kann ich mir darüber aber kein Urteil erlauben. Adaptiert wurde die Story von Jason Ciaramella, Zeichnung und Colloring sind von Zach Howard und Nelson Daniel.
Joe Hill's The Cape: Die Eckdaten
Sprache: Englisch
Seiten: 132
Seiten: 132
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Bilder:Joe Hill's The Cape | IDW Publishing
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