6. Mai 2017

Review: Rust von Royden Lepp

Vor 48 Jahren: Soldaten stürmen aus dem Wald, alte Gewehre in der Hand, schwere Stahlhelme auf dem Kopf. Sie versuchen ein Stück Land im Nirgendwo zu erobern, doch die feindliche Armee erwartet sie bereits - versteckt in den Schützengräben, zusammengeflickte Gasmasken tragend. Ein kurzer Schusswechsel. Dann marschieren auf beiden Seiten Roboter auf, mächtige Maschinen, die sich durch die Soldaten pflügen und nur mit Granaten aufgehalten werden können. Die heranrückende Armee wird zurück in den Wald gedrängt. Die Niederlage scheint sicher, doch plötzlich kommen neue Verbündete mit Jetpacks angeflogen, die gegen die stählernen Kolosse vorgehen.


Gegenwart: Die Szene beginnt mit einem einfachen Überblick. Wir sehen ein Haus, das von unendlichem Weideland umgeben ist, Kinder, die in ihren Zimmern spielen und eine Frau, die in der Küche das Essen vorbereitet, während der Mann in der Garage Reparaturen vornimmt. Ihm zur Hand geht ein schlacksig aussehender Junge, der auf den Namen Jet Jones hört. Was der Farmer nicht weiß: Jones sieht exakt so aus, wie die Jetpack-Soldaten von vor 48 Jahren.

Royden Lepp ist mit Rust eine sehr feinfühlige Graphic Novel gelungen, die das harte Leben eines Farmers porträtiert und dabei Stück für Stück das Geheimnis um den mysteriösen Jet Jones lüftet, dessen Vergangenheit droht ihn einzuholen. Lepp versteht es dabei, seine Leser mit kleinen Informationen zu füttern, die wenig verraten und Lust zum Weiterlesen machen - und das, ohne viele Worte zu verlieren. Denn ein Großteil der Geschichte wird ausschließlich über die Bilder vermittelt. Gelungen ist auch das Timing: Sehr ruhige, intime Passagen wechseln sich mit Suspense und einer Prise Action ab.

Ein erzählerisch gelungener Kniff ist zudem, die Story an einem nicht näher benannten Ort und zu einer uns unbekannten Zeit spielen zu lassen. Der Leser weiß lediglich, dass einst ein Krieg stattfand, dessen Spuren noch immer sichtbar sind. Die offensichtlichen, aber in ihrer Form reduzierten Steampunk-Elemente und die in Sepiatönen gehaltenen Zeichnungen unterstreichen den Eindruck nochmals, sich in einer vertrauten und dennoch fremden Welt zu bewegen.


Rust ist definitiv einen genaueren Blick wert - auch für alle, die sich ansonsten nicht für Stories interessieren, in denen Mechs auftauchen. Aktuell sind die ersten zwei Bände erschienen. Ob Rust ins Deutsche übersetzt wurde oder wird, ist mir nicht bekannt. Verdient hätte es diese Graphic Novel auf jeden Fall.

Update, Februar '18: Royden Lepp hat mit Volume 4 nun den finalen Band veröffentlicht. Zudem gibt es mit Volume 0 eine kleine Vorgeschichte zu Jet Jones. Wie die beiden Bände sind, kann ich noch nicht sagen - sie liegen derzeit auf meiner Watchlist.

Rust: Die Eckdaten

Titel: Rust Volume 1
Verlag: Boom! Archaia (30. November 2011)
Preis: ca. 10 Euro (gedruckt) als Taschenbuch-Reprint von 2016, 

originale Hardcover-Ausgabe ca. 20 Euro
Sprache: Englisch
Seiten: 214

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Bilder: Rust Vol. 1, Royden Lepp | Boom!
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